Mein eigener Verlauf der NMO

 

2009: Ich bin mehrfach insgesamt viermal an zwei Wochenenden aufeinander zusammen gebrochen. Hoher Blutdruck war es, der Blutdruck hatte Werte von 240/170. Man konnte nicht feststellen wo es her kam. Da ich schon einige Jahre körperliche Ausfälle hatte, so ca. 15 Jahre, die ich immer auf Überanstrengung schob, sagte man mir es sei psychisch. Ich suchte mir einen guten Psychologen, bei dem ich noch heute bin. Der schickte mich 2010 in stationäre Therapie, weil ihm die Ausfälle auch zu gefährlich waren. 

2010: Die Therapie hatte gerade im Januar begonnen, da wachte ich morgens mit einem erblindetem linken Auge auf. Ich torkelte durch meinen Schwindel zum Schwesternzimmer und sagte der Schwester, das ich weiß das es nur psychisch ist, ich aber dennoch zum Augenarzt möchte, da ich auf dem linken Auge blind sei. Die schwester schickte mich zur Therapiestunde, in der sie mich später informierte das ich doch bitte statt zum Augenarzt zum Neurologen sollte. Naja, ab da fing der Lauf der Dinge an. Die Untersuchungen liefen mehr schlecht als recht und das MRT zeigt mehrere Vernarbungen. Ich werde nie den Blick des armen Radiologen vergessen wie er mich aufgeklärt hat. Meine Antwort: "Ach so, das ist ja nicht schlimm mit den Narben im Hirn und der Wirbelsäule, das wissen sie, ich und hinterher mein Neurologe, das sieht ja keiner. Zu der Zeit wusste ich nicht das ich Ende Februar die Verdachtsdiagnose MS und hohen Hirndruck bekommen sollte. Ich nahm es einfach auf die leichte Schulter.

An fünf Tagen nahm man mir sieben mal Liquor ab. Beim achten Versuch zwei Tage später wurde ich ausgeschimpft das ich zu verspannt sei und so wurde abgebrochen und ein neuntes mal Liquor abgenommen. Ich war absolut bedient. Wer die Kopfschmerzen nach einer solchen Punktion kennt, der kann sich bestimmt vorstellen was für Kopfschmerzen ich hatte. Da die Ärztin sich was neues beweisen wollte fragte sie nicht sondern setzte voraus. Sie haben ja keine Kopfschmerzen mehr, also haben sie einen hohen Hirndruck, wir konnten ja nicht richtig messen. Der Neurologin habe ich zwar noch gesagt das ich nun erst recht Kopfschmerzen habe, aber es wurde nicht reagiert. 

Dann kam nach weiteren Schüben, rechtes Auge, linkes Bein und meine linke Hand im Juni nach Ausschluß allem anderem die feste MS Diagnose. Alles andere wurde vielleicht ausgeschlossen, jedoch an NMO hat keiner gedacht und so wurde ich darauf auch nicht untersucht. 

Im Herbst 2010 konnte ich das linke Bein nicht mehr fühlen und nicht mehr belasten. Mein rechtes Bein war auch ohne jegliches Gefühl, so das ich schon an Krücken lief.

2011: Ich wechselte den Neurologen, weil ich absolut keine Lust mehr hatte auf die ganzen Schübe und dieses ruhige "Wir warten mal ab" von meinem alten Neurologen. Es reichte. Mein neuer und auch jetziger Neurologe stellte sofort fest das dieses Zucken und die Schmerzen in den Beinen vom RLS (Restless legs Syndrom) kommen. Endlich begriff mal jemand das mir geholfen werden musste. Ich bekam eine Therapie für die MS. Copaxone, es tat mir nicht schlecht aber abgebremmst wurde nichts oder doch? 

Im Frühjahr 2011 bekam ich einen Rollator und im Herbst 2011 saß ich für weitere Strecken nur noch im Rollstuhl. Gefühle waren ab Bauchnabel abwärts nicht mehr zu spüren, so das ich so langsam auch Probleme mit der Blase bekommen habe. Irgendwie ließ sich die schon da nicht mehr richtig leeren, denn kaum war ich von der Toilette zurück, hatte ich schon wieder das Gefühl das sie voll war. der Bauch wurde auch immer dicker. Wasser lagerte sich immer mehr im Körper ein.

2012: Ich saß nun nur noch im Rollstuhl und bekam den ersten Aktiv-Rollstuhl. Die ersten Besuche bei meinem Urologen waren erschreckend. Zu Ostern lag ich wiedermal im Krankenhaus. Wieder ein Schub auf beiden Augen. Zufallsbefund: Mehrere Knoten in der viel zu großen nach innen gewachsenen Schilddrüse. Die hat man mir dann nach dem ich schon schwer Luft bekommen habe im Mai heraus genommen. Die Blase ließ ich mir dort gleich mit behandeln. Man legte mir nach Ausheilung der Schilddrüsennarbe, die nach 10 Tagen nochmal operiert werden musste auch den Blasenkatheter durch die Bauchdecke. Es musste sein, weil ich einen Restharnwert von 1800ml hatte, ja genau, fast 2 Liter. Super, nun hatte ich also noch einen Begleiter mehr. Nicht nur der Rolli, sondern der Beutel dazu. Zu dem Zeitpunkt bekam ich einen Schub der sich wie ein Schlaganfall bemerkbar machte. Es kann auch einer gewesen sein, so genau konnte man es nicht mehr feststellen, zu spät bemerkt. Der linke Arm ließ sich nicht mehr bewegen, er hing wie ein fremdes Objekt an mir herunter. Mit vielem üben habe ich ihn wieder zu meinem eigenen bekommen. Ich kann ihn wieder bewegen, wenn auch nicht fühlen. Zu der Zeit hatte ich schon seit langer Zeit Krankengymnastik, die seit der Zeit zu mir nach Hause kam. Es hat sich bis heute nichts geändert, ausser die KG selbst die ich 2013 ausgewechselt habe.

Im Herbst 2012 bekam ich dann drei Verschlüße nacheinander. Super, ich war total begeistert. Jedesmal bekam man sie so wieder in Griff. Die Drohungen mit OP's haben den Darm wohl angetrieben. Na, dabei stellte sich dann heraus das ich doch weitere Schmerzen hatte. Man entdeckte nebenbei das meine Gallenblase entzündet war. Also doch eine OP. Die Gallenblase raus, lagen zwei kleine Kugeln wie Murmeln auf meinem Nachtschrank die Ärzte meinten es wären große Steine gewesen, ich finde Murmeln nicht groß. Trotz allem ließen sich die Schmerzen nicht ganz entfernen. So bekam ich das erste mal Kontakt zu meiner Schmerztherapeutin. Vieles wurde versucht, aber selbst das höchste Krebsmittel half nicht mehr. Ein Versuch mit Polamidon (eigentliches Schmerzmittel, welches heute auch als Methadon dient) half mir schließlich. Angefangen mit Anfänglich 8 Tropfen a dreimal täglich, bin ich heute bei 25 - 30 Tropfen a dreimal täglich plus anderen Schmerzmitteln, wie z.B. Novalgin 4xtäglich 30 - 40 Tropfen. 

2013: Im Januar ging es gleich wieder mit einem Verschluß los. Dazu kam im laufe des Jahres und fast alle drei Wochen ein zwei wöchiger Krankenhausaufenthalt hinzu. Ich bekam eine entzündete Bauchspeicheldrüse, die colitis ulcerosa, erweiterte Gallenwege um die Bauchspeicheldrüse zu entlasten und eine Untersuchung nach der anderen ergab dann noch die Diabetis. Zusätzlich entwickelte ich eine Neurodermitis auf dem Kopf, so das mir nach und nach die Haare ausfallen. Seit 2012 saß ich fest im Rolli, nun brauchte ich einen Elektro Rollstuhl, weil mein Gewebe und die Muskeln zu schwach werden. Ich bakam noch ein Sauerstoffgerät, weil ich oftmals schwer mit der Atmung zu kämpfen habe und im März sagte mir ein Arzt das ich den Sommer noch genießen soll. Ich habe die NMO und das so extrem, das so gut wie alles mitlerweile im Körper angegriffen ist. Wie ich davon erfuhr, sagte mir der Arzt folgendes: "Sie haben die NMO, eine Erkrankung zwischen MS und ALS, die ALS hat 5 Jahre nach Diagnosestellung, sie wissen was sie rum haben, dann wissen sie wieviel ihnen noch bleibt." Im Mai half kein Kortison mehr, da ich fast erblindete hat man eine Plasmapharese versucht. Alles was möglich war lief schief. Ich hatte von Anfang an ein sehr schlechtes Gefühl, nicht das Gefühl der Angst, sondern einfach nur so eine Art Vorahnung. Erst habe ich den Shelton gelegt bekommen. Der liegt und ich sage zu meinem Mann das ungute Gefühl ist geblieben. Gut das man nach dem legen immer eine Röntgenaufnahme macht. Denn das was fast nie passiert ist eingetreten. Der Shelton (Großer Zugang in der Vena Jugularis) saß ganz falsch. Er wurde also unter großen Geräten wie Röntgen und Ultraschall nochmals neu gerichtet. Dann sagte man zu mir das ich ja noch ein Blutdruckmittel nehme, das müsse man eigentlich absetzen. Aber man wollte trotz allem am nächsten Tag mit der Behandlung beginnen, würde schon nichts passieren. Was immer das auch bedeuten sollte, am nächsten Tag wurde ich zur Behandlung geschoben. Ich war ganz ruhig, lies alles auf mich zukommen. Die Schwester schloss mich an das Gerät an. Kurz darauf wurde mir schlecht. Den Tropf gegen die Übelkeit sah ich noch gerade kommen, da war ich auch schon weg. Es muss eine riesen Aufregung gegeben haben, denn ich wurde auf Intensiv wach. Jetzt mögen viele vielleicht sagen das es das nicht gibt, aber ich sah mich dort liegen, sah wie der Arzt mir auf dem Brustkorb drückte, wie er darauf haute und wie er mir ins Gesicht schlug. Dann sah ich meinen Mann auf mich einreden und auf einmal hörte ich ihn auch wieder. Nach dem Aufenthalt für ein paar Stunden auf Intensiv, wurde ich wieder auf mein vorheriges Zimmer gelegt. Die nächsten zwei Behandlungen liefen ohne Probleme, bis auf das dieses Gerät mehrmals wieder angestoßen werden musste. Doch dann bekam ich Halsschmerzen. Nicht wie gewöhnliche, nein, eher äußerlich, aber doch innerlich. Schwer zu beschreiben. Ich konnte meinen ganzen Kopf nicht mehr bewegen. Die Ärztin kam und sagte ich kann nichts sehen. Ich bestand auf ein Ultraschall, was erst eingesehen wurde wie mein Mann nochmal mit der Ärztin sprach. Die Ärztin untersuchte mich und sagte: "Ach, da haben wir's, sie haben eine kleine Thrombose im Hals, aber nur in einer Sackgasse, da kann nichts passieren, sie werden morgen die nächste Behandlung bekommen." Da ich keine Ahnung hatte lies ich mich darauf ein. Doch das Gerät spinnte, dachte ich bei der Behandlung. Immer und immer wieder musste es angeschoben werden. Nach 60% Behandlung wurde abgebrochen. Es ging nichts mehr. Das Gerät lies sich nicht mehr antreiben. Also wurde gestoppt und man teilte mir mit das die Thrombose den Shelton zu gesetzt hat. Nun hatte ich den Mist. Mir zog man den Shelton sofort und lies mich weiterhin rumlaufen. Keiner sagte mir, das auch das rumlaufen im Rolli gefährlich sei.  Ich schluckte. Es war klar, denn die Vena Jugolaris ist sehr dicht am Hirn und auch sehr Dicht am Herzen. Hätte mich mein Neurologe nicht aufgeklärt hätte ich sterben können. Zu der Zeit ging es mir sehr schlecht. Ich musste jeden Morgen und jeden Abend eine Thrombosespritze setzen. Hätte mein Mann mich nicht aus dem Krankenhaus geholt, auf eigene Verantwortung, hätte man die nächste Behandlung durch die andere Halsseite machen wollen. Ich selbst war zu der Zeit nicht mal in der Lage mich zu wehren. Ein dreivirtel Jahr lang musste ich die Thrombose-Spritzen weiter nehmen. Wenn ich nun auch nicht mehr spritze, ich habe weiterhin diese blöde Thrombose.  Im Herbst staunte man, ich habe mich im Rolli trotz einer weiteren OP, weil sich mein Dünndarm meinte durch die Bauchdecke drehen zu müssen, gut gehalten. Ich bekam ein nettes Geschenk der Ärzte:"Sie wollen nicht, sie sind robust, sie haben noch einen ganzen Sommer, genießen sie ihn." Zwischenzeitlich dachte man oft über einen künstlichen Ausgang und auch über künstlicher Ernährung nach. Ich will nicht, bin stur und setze mich durch. Habe seit 2012 den ambulanten Hospitz im Haus, den Pflegedienst haben wir nicht mehr, die Pflege macht mein Mann, es ist einfach besser, da er auch bei den Arztgesprächen dabei ist. Es läuft seit dem mit weniger Entzündungen an Hautstellen. 

2014: Weitere Krankenhausaufenthalte, zeigen mir wie schwer ich doch kämpfen muss. Ich lebe also will ich auch weiter leben. Die Pflege beläuft sich nun auf 24 Stunden Betreuung, da ich Epileptische Anfälle hinzu bekommen habe und Erstickungsanfälle. Ich kann nicht mehr allein sein aber ich schlage mich gut durch. Die Ärzte staunen wie gut ich mich jedesmal wieder hoch boxe. Ich bin in der Schmerztherapie bis aufs höchste eingestellt. Weiter kann man nicht, ich soll auf eine Paleativstation, damit ich dort besser eingestellt werde. Ich will nicht, es schreckt mich ab. Allein mit meinem Mann kämpfe ich mich durch die Tage, will einfach nicht zu viele Schmerzmittel, was ist, wenn die Schmerzen wieder höher steigen? Also kämpfe ich mich wieder langsam herunter. So recht klappen will es nicht. Ich bin nun selbst bei Besuch oft schon an meine Grenzen. Länger wie zwei Stunden Besuch schaffe ich kaum. Trotzdem will ich durchhalten. Ich muss, weil ich nicht aufgebe. Ich habe es bisher hinbekommen und will es auch weiter. Mein Leben besteht nun immer aus Hilfe annehmen. Allein geht nur noch sehr wenig. Aber ich bin da. Ich bin sehr stolz auf meine Gruppe und lebe nun im Internet. Dort kann ich mich in Gedanken bewegen, wenn ich es körperlich schon nicht schaffe. Ich freue mich das mein Mann nun in Pflegezeit geht. Er kann mich am besten betreuen, weiß was ich fühle, denke und wann ich einfach mal meine eigene Ruhe brauche. Fremdkräfte können das gar nicht erreichen. Mein Mann leistet sehr viel, ich weiß was er für mich opfert und bin ihm sehr sehr dankbar. 

Gerade jetzt habe ich wieder eine schwere Entzündung in der Blase, mit Blasen - Spastiken. Mit Antibiotikum versuchen wir die nächste Sepsis abzuwenden. 

Da es Menschen gibt, ich spreche aus eigener Erfahrung, die vieles übertreiben, werde ich hier keine List über meine Medikamente eintragen, kann aber soviel sagen, das ich keine Therapie mehr für die NMO bekomme, sondern nur noch gegen die Symtome und gegen die Schmerzen. Man darf mich aber gerne persönlich auf die Medikamente anschreiben.

Die Pflege annehmen:

Den Pflegedienst anzunehmen bedeutet erst mal eine sehr große Überwindung. Meist, so war es bei mir, lässt man es erst zu wenn es wirklich nicht mehr geht. Ich dusche normalerweise jeden Tag. Ohne Hilfe ging es irgendwann nicht mehr. Fremde Menschen dabei zu haben ist eine sehr schwere Überwindung. Aber die Pflegekräfte haben es gelernt es zu überspielen. Sie reden ruhig auf einem ein, lenken ab und wärend der Unterhaltung findet die Pflege statt. So, das man es gar nicht so schlimm merkt. Aber angenehm ist es erstmal nicht. Ich habe aber auch schlechte Erfahrung mit dem Pflegedienst gehabt. Leider wurde ich von einer Pflegerin eine lange Zeit im Bereich des Blasenkatheters nicht richtig abgetrocknet. Selbst bin ich da nicht hinter gekommen. Aber dennoch es wurde alles blutig, es war offen. Da ich keine Gefühle in dem Bereich habe, konnte ich es nicht merken. Wie mein Mann die Pflege zur Weihnachtszeit übernahm schlug er die Hände übern Kopf zusammen. Nach Weihnachten kam ich ins Krankenhaus. Sofort überwiesen mich die Ärzte auch in die Urologie. Die Ärzte dort sagten nur: "Wenn sie Gefühle in dem Bereich hätten, sie würden das Krankenhaus zusammen schreien."

Die Hilfe vom ambulanten Hospitz:

Jeder kann sich denken was dieser Dienst bedeutet. Ich war mir am Anfang nicht sicher den Dienst wirklich anzunehmen. Aber es ist gut. Ich kann ganz ungezwungen mit dem Dienst sprechen. Mir wird ungezwungen zugehört, auf meine Ängste und Sorgen eingegangen. Ja, und es wird über das eigentliche Tabuthema, dem Tod gesprochen. Über die Vorsorge, die wünsche und Hoffnungen zu dem Thema. Natürlich kann keiner einem die Angst nehmen, aber es kann zugehört werden, ernst genommen werden und einfach Beistand auch mal im Krankenhaus geleistet werden. Mir ist dieser Dienst zum Freund geworden. Es tut mir gut und ich fühle mich wohl dabei.

Diese Seite wird ab und wann weiter geführt......